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14. März 2015

Selbstanzeige 2015

Das Steuerstrafrecht ist jüngst mehrfach geändert worden. Zuletzt mit Wirkung ab dem 01.01.2015 wurden die Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige nach vorheriger Steuerhinterziehung erheblich verschärft. Die Regelungen bringen für Privatpersonen und Geschäftsführer (auch faktische Geschäftsführer) brisante Änderungen. Ein Überblick:

A. Änderung des § 371 AO (Selbstanzeige)

I. Änderung Abs. 1 bis 2 a)

In der Praxis der vergangenen Jahre war es möglich, eine “partielle” bzw. wenn nötig auch gestufte Selbstanzeige abzugeben, bei welcher der Steuerpflichtige “in mehreren Schritten” seine Selbstanzeige erstattete. Wie von der Rechtsprechung dann auch schon gefordert, enthält § 371 Abs. 1 AO nun ausdrücklich das sog. Vollständigkeitsgebot, die unrichtigen Angaben müssen also “vollständig” berichtigt / vervollständigt werden. Die Vollständigkeit wird für alle “unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart” verlangt, was das Vollständigkeitsgebot wiederum etwas erleichtert, da nicht alle Steuerarten (ESt, USt usw.) “in einen Topf geworfen werden”. Der strafrechtliche Mindestkorrekturzeitraum wird auf zehn Jahre (statt zuvor fünf Jahre) angehoben.

§ 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AO enthält nun eine Ausweitung des Täterkreises und damit auch eine Ausweitung der sog. Sperrwirkung, die eine erfolgreiche Selbstanzeige unmöglich macht: eine Prüfungsanordnung des Finanzamts kann nun auch dann eine Sperrwirkung auslösen, wenn sie nicht nur dem Täter, sondern auch dem Vertreter, dem Begünstigten (bei Steuerhinterziehung zugunsten eines Dritten, z.B. einer GmbH) oder dessen Vertreter (z.B. dem Geschäftsführer) bekannt gegeben wurde (sachlich und zeitlich beschränkt auf die Angaben in der Prüfungsanordnung). Ähnlich wurde gemäß lit. b) auch der Personenkreis bei der Bekanntgabe der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens ausgeweitet. Lediglich klargestellt wird in lit. c), daß die Sperrwirkung der Prüfungsanordnung sich nur auf den sachlichen (also die Steuerart) und den zeitlichen Umfang (also die Steuerjahre) gemäß der Prüfungsanordnung bezieht. Lit. d) blieb unverändert und sieht vor, daß die Sperrwirkung eintritt, wenn ein Amtsträger zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist. Schließlich führt auch eine Umsatzsteuernachschau bzw. Lohnsteuernachschau gem. lit. e) zu einer Sperrwirkung für diese Steuerarten. Nr. 2 sieht (nach wie vor) die Sperrwirkung vor, wenn die Steuerhinterziehung bereits entdeckt ist und der Täter dies weiß bzw. wissen muss. Damit will der Gesetzgeber hier offenbar bewusst ein Gefangenendilemma auslösen, so dass er eine Beteiligte eher schneller eine Selbstanzeige erstattet, weil er nicht absehen kann, wann es der andere tut, um Straffreiheit zu erlangen.

Nach dem neuen Abs. 2 a wird die partielle Selbstanzeige für die Umsatzsteuervoranmeldung und für die Lohnsteueranmeldung ausdrücklich zugelassen.

II. Änderung von Abs. 3

Eine weitere Strafschärfung bedeutet in dem neuen Abs. 3, daß der Steuerpflichtige bei einer Steuerhinterziehung nur Straffreiheit erlangt, wenn er nicht nur die hinterzogene Steuer, sondern auch die Hinterziehungszinsen und die regulären Nachzahlungszinsen mitzahlt. Dies führt zu einer erheblichen Mehrbelastung des Steuerpflichtigen, da der Zinsanteil der Gesamtzahlung gerade bei einem Zeitraum von 10 Jahren sogar höher sein kann, als der eigentlich hinterzogene Steuerbetrag.

B. § 398a AO und Beitragsgrenze von 25.000

Das System der Regelung in § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO ist etwas umständlich formuliert worden. Es tritt hier zunächst eine “Sperrwirkung” ein, wenn der Betrag der Steuerhinterziehung 25.000 € übersteigt, andererseits wird auch diese Steuerhinterziehung dann nicht verfolgt, wenn gem. § 398a AO ein gestaffelter (Straf-)Zuschlag gezahlt wird. Im Ergebnis muss der Steuerpflichtige dann neben der vollständigen hinterzogenen Steuer noch die beiden Zinsarten und den Zuschlag nach § 398a AO zahlen. Der Zuschlag beträgt 10% der hinterzogenen Steuer bei einer Steuerhinterziehung zwischen 25.000,01 € und 100.000 €, 15% der hinterzogenen Steuer bei einer Steuerhinterziehung zwischen 100.000,01 € und 1.000.000 € und 20% der hinterzogenen Steuer bei einer Steuerhinterziehung ab 1.000.000,01 €.

C. Besonders schwerer Fall gem. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO

Für die Praxis “normaler” Steuerhinterziehung kann es sehr wichtig werden, wann von einem besonders schweren Fall auszugehen ist, weil dann das Gesetz zwingend eine Gefängnisstrafe von mind. 6 Monaten und bis zu 10 Jahren vorsieht. Hier stellt sich die Frage, wann Steuern “in großem Ausmaß verkürzt” wurden. Der Bundesgerichtshof unterscheidet hier vereinfacht ausgedrückt danach, ob der Steuerpflichtige Steuern verschweigt, dann soll hier eine Wertgrenze ab 100.000 € gelten. “Greift” der Steuerpflichtige hingegen “aktiv” in die Staatskasse, indem er sich unberechtigt eine Erstattung auszahlen lässt, soll die Wertgrenze hingegen schon bei 50.000 € liegen.