Steuer-CDs und Selbstanzeige – Selbstanzeige bei schwarzen Einkünften aus der Schweiz
Der Fall des Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, wirft die Frage konkret auf, ob und in welchem Umfang eine strafbefreiende Selbstanzeige noch möglich bzw. wirksam ist, wenn die Justizbehörden bereits eine CD mit Daten von ausländischen Bankkunden gekauft oder sonstwie erworben haben.
Rechtlich gesehen besteht dabei kein grundsätzlicher Unterschied zwischen einer vorliegenden CD und belastenden Informationen in anderer Form, also etwa in Form von papiernen Kontoauszügen, anonymen Anzeigeschreiben usw. Ein rein technischer Unterschied kann sich hier nur aus der Fülle der Daten ergeben, die deren Auswertung im Vergleich zur Papierform erschweren oder verzögern kann. Andererseits ermöglicht die Information auf einer CD auch einen wesentlich schnelleren Zugriff bei gezielter Suche über die einzelnen Suchfunktionen der üblichen Computersoftware. Entscheidend ist in jedem Fall die Qualität der den Justizbehörden zugespielten Informationen wie auch deren individuelle Aussagekraft. Wie für papierne Informationen läßt sich für Informationen auf CDs und deren Auswirkung auf die Möglichkeit einer Selbstanzeige dabei folgendes zusammenfassen:
1. Sperrwirkungstatbestände
Nach dem Wortlaut des Gesetzes in § 371 AO soll eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich sein, wenn dem Steuerpflichtigen eine Außenprüfung bekanntgegeben wurde, wenn ihm die Einleitung eines Strafverfahrens bekannt gegeben wurde, ein Finanzbeamter zur Prüfung erschienen ist oder wenn die Tat ganz oder zum Teil schon entdeckt war und der Steuerpflichtige dies wußte oder damit rechnen mußte. Diese Hinderungsgründe werden gemeinhin als „Sperrwirkung“ bezeichnet.
2. Entdeckung der Tat
Mit logischer Überlegung noch nachvollziehbar ist regelmäßig, daß eine Selbstanzeige bei einer Außenprüfung, bei Bekanntgabe eines Strafverfahrens oder bei Erscheinen eines Außenprüfers nicht mehr möglich ist. Schwieriger ist die Beurteilung allerdings, wann im Fall von zugespielten Unterlagen bzw. Steuer-CD die Tat bereits „entdeckt“ ist und wann weiter der Steuerpflichtige damit rechnete bzw. rechnen mußte, denn beides muß hier vorliegen, um die Sperrwirkung auszulösen.
Die Rechtsprechung hierzu ist sehr einzelfallbezogen, was für die Rechtssicherheit nicht zuträglich ist. Nach der einschlägigen Kommentierung ist für eine Tatentdeckung mehr als nur die Kenntnis von Indizien erforderlich, selbst wenn diese Indizien für ein Ermittlungsverfahren genügen würden. Der Bundesgerichtshof verlangt, daß „bei vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit eines verurteilenden Erkenntnisses gegeben ist“ (BGHSt 55,180). Hierfür wird ein expliziter Aktenvermerk in der Ermittlungsakte zu fordern sein, da sonst der genaue Zeitpunkt nicht feststellbar ist und damit zugunsten des Steuerpflichtigen von der Nichtentdeckung auszugehen wäre. Die Entdeckung einer Einkunftsquelle wie etwa einer Quelle für Zinserträge allein genügt für die Tatentdeckung jedenfalls nicht, genausowenig die Sicherstellung von Dokumenten, aus denen sich evtl. später ein Beleg für eine Steuerhinterziehung ergibt, oder die bloße Hinnahme einer Steuerschätzung durch den Steuerpfichtigen, schließlich auch nicht die Nachfrage des Finanzamts nach bestimmten Einkünften. Die Auswertung gilt hier als zwingend erforderlich, insbesondere in der Weise, daß ein Vergleich mit bereits eingereichten Erklärungen möglich ist.
3. Kenntnis des Steuerpflichtigen
Da die Kenntnis des Steuerpflichtigen zwingende Voraussetzung einer Strafbarkeit ist, wirken sich Wissensdefizite bzw. fehlende Nachweisbarkeit der Kenntnis direkt tatbestandsausschließend aus. Die Beweislast für die Kenntnis des Steuerpflichtigen trägt dabei das Finanzamt. Bloßes „Rechnenmüssen“ mit einem Strafverfahren reicht hier keinesfalls aus.
4. Übertragung auf den Fall einer Steuer-CD
Aus den oben dargestellten Grundsätzen ergibt sich, daß eine Tatentdeckung noch nicht vorliegt, nur weil der Steuerpflichtige auf einer CD namentlich genannt wird. Auch genügt es nicht, daß dort ein bislang unbekanntes Konto von ihm genannt wird, aus welchem bestimmte Geldbewegungen ersichtlich sind. Dies insbesondere dann nicht, wenn nicht ersichtlich ist, ob mit den Geldbewegungen steuerpflichtige Einnahmen verbunden sind, wie das etwa bei spekulativen Gewinnen (etwa nur Nennung bestimmter Summen für die Verkäufe bestimmter Aktien ohne weitere Details; den Umfang der Buchungsinformationen kann der Steuerpflichtige über seine Schweizer Bank erfragen) der Fall sein dürfte. In der Praxis wird gerade hier ein faktischer Hinderungsgrund für eine Entdeckung der Tat liegen. Hinzu kommt, daß eine Sperrwirkung auch nur dann eintritt, wenn der Steuerpflichtige von einer Entdeckung der Tat weiß oder hiermit rechnen mußte. Da eine Steuer-CD aus den oben genannten Gründen in vielen Fällen jedoch nicht ausreichen wird, um von einer Entdeckung der Tat im strafrechtlichen Sinn sprechen zu können, muß ein Steuerpflichtiger erst recht vielfach gar nicht mit einer Entdeckung rechnen.
Aus dieser Betrachtung heraus ergibt sich, daß die Nennung auf einer Steuer-CD in vielen Fällen, je nach Einkunftsart, für eine Sperrwirkung nicht ausreichend ist, so daß teils sogar von vornherein kein (für die Justiz erfolgreiches) Strafverfahren droht, zum großen Teil jedoch zumindest eine Selbstanzeige nach wie vor möglich ist.
Die Einzelheiten sollten zwingend mit einem kompetenten Steueranwalt ausführlich erörtert und beraten werden, bevor hier Schritte in die eine oder andere Richtung unternommen werden.